Der Moment ist gekommen, auf den ich schon gewartet habe, seit ich schwanger war: Vor ein paar Tagen lag die Elfe zum ersten Mal mit einem Wutanfall auf dem Boden des Supermarktes. Okay, mein Fehler – ich hatte ihr verboten, mit den Nektarinen Ball zu spielen. Da darf man ja wohl einen Trotzanfall bekommen, oder?
Der Auftritt war noch etwas enttäuschend: Sie hatte sich einfach auf den Boden fallen lassen. Sie war dann jedoch von ihrem Wutanfall selbst so überrascht, dass sie nur ruhig da lag und um sich geschaut hat.
Ich bin mir aber sicher, dass dieser Zornanfall noch steigerungsfähig ist – das nächste Mal hat sie ja schon mehr Übung darin. Daher habe ich mich im Internet mal schlau gemacht und bin darauf gestoßen, dass der Wutanfall von Kleinkindern jetzt sogar wissenschaftlich untersucht wurde:
Die Wissenschaftler Michael Potegal (University of Minnesota), Pamela G. Whitney (Quinnipiac University) und James A. Green (University of Connecticut) haben sich dem kleinkindlichen Wutanfall angenommen und über 100 Zornanfälle analysiert, die sie vorher auf Tonband aufgenommen hatten. Das Ergebnis: Alle Trotzanfälle von Kleinkindern folgen einem bestimmten Muster bzw. Rhythmus. Wenn man dieses in Auge behält kann man besser damit umgehen.
Entgegen früherer Annahmen besteht ein Zornanfall nicht aus den zwei aufeinanderfolgenden Phasen „Wut“ und „Trauer“, sondern die beiden laufen im Wutanfall vielmehr parallel ab. Die Wut drückt das Kind durch Schreien und Brüllen aus, die Trauer durch Wimmern und Weinen. Der Trick, den Trotzanfall so schnell wie möglich zu beenden, liegt laut Potegal darin, so schnell wie möglich die Spitze der Wut zu erreichen, was am lauten Schreien erkennbar ist. Danach flacht der Zornanfall meist schnell ab. Die Trauer bleibt und dann sollen die Kinder natürlich in den Arm genommen und getröstet werden.
Die Spitze des Wutanfalls erreicht man laut Potegal am einfachsten, in dem man nichts tut. Alles eingreifen, wie z.B. das Nachfragen, verlängert den Trotzanfall nur. Das liegt daran, dass die kleinen Kinder bei einem Zornanfall nicht in der Lage sind, weitere Informationen zu verarbeiten. Dies überfordert sie und verlängert den Wutanfall damit. Allenfalls klare kurze Anweisungen können helfen, wie „Setz dich hin“.
Meine Erfahrung mit der Elfe zeigt, dass sie sich zwar z.B. manchmal mit Händen und Füßen wehrt, in den Buggy zu sitzen, und die berühmte „Ich bin ein Brett“-Haltung einnimmt. Sobald sie aber sitzt und ich die Gurte schließe, ist, der Wutanfall vorbei, alles wieder in bester Ordnung und sie lacht mich an. (In letzter Zeit befindet sie sich übrigens meist eher im Aggregatzustand „Ich bin Wackelpudding“, wenn ich sie z.B. irgendwo wegführen will.)
Den Eltern raten die Wissenschaftler, die Wutanfälle eher als wissenschaftliche Studie zu betrachten, als sich emotional hineinziehen zu lassen. So können die Trotzanfälle sogar interessant statt peinlich sein. Na, dann bin ich ja schon mal gespannt, auf unser nächstes wissenschaftliches Experiment.
Weitere Informationen zu der Studie, inkl. einem sehr interessanten Podcast und einem Video zum Thema Trotzanfall findet ihr bei nrp. Auf Englisch, aber in jedem Fall betrachtenswert.
Und was sind eure Tipps und Tricks, mit den Zornanfällen eurer Lieblinge umzugehen? Ich würde mich über Kommentare freuen, vielleicht entdecken wir ja gemeinsam noch eine bessere Lösung für Wutanfälle.
Magischer Extra-Tipp:
- Wenn ihr das nächste Mal eine verzweifelte Mutter oder einen ratlosen Vater vor einem trotzenden Kind auf dem Boden des Supermarktes stehen seht, dann schenkt ihnen ein Lächeln und eine Anmerkung wie „Ach, sind sie nicht süß, die Kleinen? Das hatten wir letzte Woche.“ Sie werden euch dankbar sein.